concerto 4 friends — Werke
Pastime With Good Company
Heinrich VIII. (1491-1547), der siebzehnjährig den Thron von England bestieg, galt schon zu Lebzeiten als talentierter Komponist und Dichter. Bereits als junger Mann schrieb er zahlreiche Gedichte, Sonette und Lieder, die eine große Bekanntheit erlangten. Sein Lied »Pastime With Good Company« (Zeitvertreib in guter Gesellschaft), das um 1513 entstand, ist sicherlich eines seiner bekanntesten Werke. Der Text des Liedes erzählt von den Vergnügungen, denen auch Heinrich VIII. selbst gerne nachging, darunter die Jagd, der Tanz und der Gesang. Es ist gut vorstellbar, wie in damaliger Zeit bei einer Tanzveranstaltung am Hofe dieses Lied erklang und typisch für die Renaissance mit unterschiedlichsten Instrumenten wie Zinken, Flöten oder Posaunen und verschiedensten Saiteninstrumenten begleitet wurde. Das vorliegende Arrangement von Stephen Roberts für Brass Band kann natürlich als klarer Hinweis darauf gedeutet werden, dass das Musizieren in einer Brass Band ebenfalls ein Zeitverteib in guter Gesellschaft ist.
Concerto for Piano, Percussion and Brass Band
Ursprünglich komponierte David R. Gillingham dieses klangfarbenreiche Werk für Klavier, Blasorchester und Perkussion. Das Arrangement mit Brass Band steht diesem Farbenreichtum jedoch in nichts nach und kann sicherlich als Erweiterung dieser eindrucksvollen Farbpalette betrachtet werden. Die drei Sätze in konzerttypischer Abfolge »schnell – langsam – schnell« vereinen Virtuosität und lyrisches Arioso, drängende Rhythmen und dahinfließende Melodien. Einem Virtuoso folgend, drängt der erste Satz (»with intensity«) vorwärts und entwickelt eine spannungsvolle Eile, die sich durch die Taktwechsel, Rhythmen und farbenreichen Harmonien manifestiert. Der ruhige zweite Satz greift den Charakter einer Elegie, eines Klageliedes auf, die im Gedenken an den Schlagzeuger Robert Hohner komponiert wurde. Der dritte Satz (»with much spirit and drive«) rast durch verschiedene Taktarten dahin. Nach und nach baut sich mithilfe des Schlagwerks eine große Steigerung auf und das Werk endet in einem atemberaubenden Schluss.
Harlequin
Das für den Euphonium-Virtuosen David Childs komponierte Stück »Harlequin« bezieht sich auf die traurigen und fröhlichen Masken der Commedia dell‘Arte, einer Theaterform des 17. und 18. Jahrhunderts in Italien, bei der die Zuschauer bereits an den Masken die jeweiligen Rollen erkennen konnten. Der Harlequin ist dabei sicherlich die bekannteste Figur. Immer zu Späßen aufgelegt, sorgt er für Unterhaltung des Publikums, vereint aber auch Komik und Tragik in seiner Person. Die Komposition von Philip Sparke stellt den Solisten mit einer melancholischen Melodie vor, die sich im Wechselspiel mit der Band immer mehr aufbaut. Es folgt ein äußert virtuoser Solopart, der an einigen Stellen gar einem närrischen Gelächter gleicht, zwischendurch blitzt jedoch das lyrische Thema des Anfangs wieder auf. Zu guter Letzt glänzt der Harlequin mit seiner Schalkhaftigkeit und Klemens Vetter mit seinem Können am Euphonium.
Unter Zeitdruck
Unter Zeitdruck ist ein Stück für Brass Band und Sopransaxophon, das verschiedene Reaktionen beschreibt, die in uns durch Zeitdruck ausgelöst werden können. Mal ist es das panische Gefühl, dass einem alles zu viel wird und man gar nicht mehr weiß, wo man eigentlich anfangen soll. Dann kann es aber auch sehr motivierend sein: denn wenn die Zeit knapp wird, muss man oft seine ganze Energie aufbringen, um doch noch mit allem fertig zu werden. In dem Stück kommen diese unterschiedlichen Stimmungen, die sich manchmal sehr schnell abwechseln können, zum Ausdruck. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, bei dem man nie weiß, ob letztendlich der Ehrgeiz oder die Verzweiflung Überhand nehmen wird.
Michael Essl
wurde 1991 in Stuttgart geboren. Er studierte Jazz-Klavier und Komposition an der Musikhochschule Stuttgart und am Berklee College of Music in Boston. Für seine Werke wurde er bereits mehrfach mit ersten Preisen bei internationalen Kompositionswettbewerben wie dem Alba-Rosa-Viëtor-Wettbewerb und dem Joseph-Dorfman-Wettbewerb ausgezeichnet. Er hatte Kompositionsunterricht bei Andrew List, Ofer Ben-Amots, Jan Jirasek und Rainer Tempel. Jazz-Klavierunterricht erhielt er bei Olivia Trummer und Hubert Nuss. Als Komponist widmet er sich sowohl der zeitgenössischen klassischen Musik als auch dem Jazz. Seine Werke schlagen immer wieder Brücken zwischen diesen Welten.
Alpine Express
Tom Smith: »Meine Heimatstadt im Vereinigten Königreich wurde jedes Jahr von einem fahrender Jahrmarkt mit verschiedenen Attraktionen und Fahrgeschäften besucht. Besonders eine Bahn war wahnsinnig aufregend und vielleicht auch gefährlicher als die anderen: der ›Alpine Express‹. Das Stück ist inspiriert von Kindheitserinnerungen und soll die typische Mischung von Aufregung und Gefahr bei Ausflügen zum Jahrmarkt oder in Freizeitparks ausdrücken. Ich wollte die Möglichkeiten der bewegten polyphonen Strukturen entdecken, die eine Brass Band bietet. Dies geschieht im Besonderen am Anfang, aber auch durch besondere Kombination der Instrumente. Der ungewöhnliche und an vielen Stellen virtuose Einsatz der Solisten macht das Stück sicherlich einer Achterbahn sehr ähnlich. Auf beide Arten: Gefährlich (zu spielen) und (hoffentlich) auch aufregend.«
Tom Smith
ist Tenor, Komponist, Pianist, Organist und Chorleiter aus England. Er lebt derzeit in München, wo er im Masterstudiengang Komposition und Musiktheorie bei Moritz Eggert studierte. Er begann in jungen Jahren mit dem Klavierspiel und sang als Knabensopran im Chor der Kathedrale von Derby. Er studierte Musik am Christ‘s College Cambridge und war Chorschüler im dortigen Kirchenchor, mit dem er mehrere internationale Tourneen und Aufnahmen unternahm. Daneben sang er im Kammerchor der Universität und wirkte bei Theaterproduktionen und Opernchören mit. Sein Stück »Where Shall I Flee?« wurde anlässlich des 500-jährigen Bestehens des Christ‘s Colleges in Cambridge uraufgeführt. Er erhielt den Canon-Greville-Cooke-Preis und den Vincent-E.-Lam-Preis für Komposition. 2008 gründete und leitete er das Vokaloktett Cantabulous, das immer noch erfolgreich auf den Britischen Inseln auftritt. Nach seinem Abschluss wurde er als Musiker an der Gordonstoun School in Moray angestellt, bis er nach Rom zog, um an der St. George‘s British International School Latein zu unterrichten. Zudem wurde er stellvertretender Organist an der Anglikanischen Allerheiligenkirche in Rom und stellvertretender Leiter der New Chamber Singers, die in ganz Italien Konzertprojekte und Aufnahmen realisieren. In München ist er festes Mitglied des Philharmonischen Chores und singt häufig bei Theaterprojekten und im Opernchor. Seine Werke umfassen Kammermusik, Vokalmusik, Orchestermusik, Opern, elektronische Musik und Installationen.
Concertino für Klarinette und Brass Band
Das Concertino wurde von der Bürgermusik Luzern unter der Leitung von Ludwig Wicki zusammen mit dem Solisten Dimitri Ashkenazy bei István Hajdu in Auftrag gegeben. Es ist die erste Originalkomposition für Klarinette und Brass Band. Anlässlich dieser CD-Aufnahme wurde die Partitur neu überarbeitet. In sich ruhend, feierlich und getragen erklingt die Band zu Beginn des Werks, von den tiefsten Tönen aufsteigend bis zum krönenden Solo des Flügelhorns. Nur die Bässe schlagen einen skeptischen Ton an. Plötzlich erklingt wie aus der Ferne in leisen Tönen die Klarinette. Die Band formiert sich und bläst zum Appell. In einem geeigneten Augenblick ergreift die Klarinette das Wort und stellt sich vor. Im folgenden Allegro-Teil begeben sich Klarinette und Band gemeinsam auf ein musikalisches Abenteuer. Tänzerisch, lyrisch, bisweilen nachdenklich und mit einer dramatischen Steigerung entwickelt sich die Musik bis zum fulminanten Höhepunkt. Das Werk ist im Wesentlichen auf zwei melodische Wendungen aufgebaut. Sie sind andeutungsweise bereits in der langsamen Einleitung zu hören. In mannigfaltiger Abwandlung bringen sie das musikalische Geschehen voran. Kurz vor dem Ende des Stückes erklingt die Synthese der beiden Hauptmotive. Eine Melodie mit humoristischem Anklang begleitet von Posaunen-Glissandi. Die Klarinette blickt gleichsam mit einem »Augenzwinkern« nochmals Richtung Band.
István Hajdu
studierte am Konservatorium Basel Saxophon bei Ivan Roth, Klavier bei László Gyimesi und Janka Wyttenbach. Als Komponist Autodidakt, setzte er sich schon seit frühester Jugend mit dem Komponieren auseinander. Neben dem Selbststudium gaben ihm seine Studien bei Peter Benary in Luzern die entscheidenden Impulse für ein geistig freies und zugleich strukturiertes Arbeiten. István Hajdu ist als Komponist und auch als Kammermusiker tätig. Er gestaltet Einführungen in Konzerte und ist künstlerischer Assistent der Martinu Festtage in Basel.
www.istvanhajdu.ch
Symphonic Suite for Brass Band
Die Symphonic Suite von Leighton Lucas nimmt in der Literatur für Brass Band ebenfalls eine besondere Stellung ein. Sie entwickelt eine ganz eigene Klangsprache mit neoklassizistischen Elementen, sanglichen Melodien und einem furiosen Finale im letzten Satz. Aus einer Musikerfamilie stammend, war Lucas zunächst Balletttänzer. Als Autodidakt begann er zu komponieren, dirigierte mit 19 Jahren erste Ballettaufführungen und konnte im Verlauf seiner Karriere bemerkenswerte Erfolge als Ballett- und Filmmusikkomponist vorweisen. So schuf er auch die Musik zu Alfred Hitchcock‘s Film »Stage Fright«.